Udo Jürgens

So entwaffnend waren seine Lieder, dass selbst der kälteste Krieger sein Herz an ihnen gewärmt hat. Udo Jürgens ist an Herzversagen gestorben.

Der Tourkalender für das kommende Jahr ist schon voll gewesen: „Mitten im Leben“ war die musikalische Reise betitelt, auf der er schon in diesem Jahr die Säle füllte, als sei nichts leichter als das. „Mitten im Leben“ - nun wird es nur noch eine schmerzliche Erinnerung an Udo Jürgens sein: An einem Sonntagnachmittag ist der Sänger bei einem Spaziergang bewusstlos zusammengebrochen, trotz aller Wiederbelebungsmaßnahmen und sofortiger Überführung in eine Klinik konnte nur noch sein Tod festgestellt werden.

Kaum einem wird es anders gehen als Freddy Burger und Pepe Lienhard, die die Zeilen an die Agenturen gegeben haben: Erschüttert und fassungslos seien sie angesichts des unerwarteten und plötzlichen Todes ihres Freundes und großartigen Künstlers.

'Der Mann kam, sang und eroberte sein Publikum“

Das trifft es ziemlich genau, was das Besondere dieses Mannes für Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum ausgemacht hat, über Generationen hinweg: Udo Jürgens war in der Tat ein großartiger Künstler, ein Entertainer, der dem Publikum jede Mark, später jeden Euro des gezahlten Eintrittsgeldes durch hoch professionelle Arbeit zurückgegeben hat. Wo Udo Jürgens Mitte der 1960er Jahre schon war, werden manche, die sich auch als Stars begreifen, womöglich nie hinkommen: Der Mann kam, sang und eroberte sein Publikum im Sturm - nein, es fiel ihm sozusagen kampflos anheim.

Udo Jürgens hat mit seinem Künstlertum nie geprotzt. Er hatte wohl die nötige Distanz, aber er ist eben auch immer ein Freund gewesen. Keiner, der sich anbiedert. Dafür jemand, der einfach den Nerv der Menschen getroffen hat und ihnen nicht nur Ohrwürmer in den Kopf setzte, sondern mit Humor und Leidenschaft dafür einstand, sich freuen zu dürfen - und Gefühle zu zeigen. Das hat im Übrigen fabelhaft beidseits des Eisernen Vorhangs funktioniert, der Österreicher Udo Jürgens war immer schon ein gesamtdeutscher Held.

So entwaffnend waren seine Lieder, dass selbst der kälteste Krieger sein Herz an ihnen gewärmt hat. Unvorstellbar, es könnte jemand der fraglichen Jahrgänge nicht heute noch „17 Jahr’, blondes Haar“ im Geiste wenigstens mitsingen - jenes Lied, mit dem Jürgens 1965 endgültig berühmt wurde. Ein Jahr später gewann er den Schlager-Grand-Prix in Luxemburg mit dem gefühlvollen Lied „Merci, Chérie“. Überhaupt, seine Lieder! Dutzende, wahrscheinlich noch mehr bekommt man mühelos zusammen, immer in der unvergleichlichen Mischung aus fröhlichem Schlager, nachdenklicher Ballade sowie gelegentlichen Ausbrüchen von Satire und purem Spaß am Nonsens. Man denke nur an die verfressenen Damen, für die nur eines gilt: „Aber bitte mit Sahne“. Und wenn es das Letzte wäre, das sie dran gäben.

Merci, für alles

Geboren am 30. September 1934 in Klagenfurt in Österreich, ist Udo Jürgen Bockelmann deutscher Abstammung, ein Onkel mütterlicherseits war der Dadaist Hans Arp, der Vater Spross eines Bankdirektors. Es ist gut denkbar, dass Udo Jürgens von beiden Erbteilen profitiert hat - die Fantasie könnte aus des Onkels Richtung stammen, die Sorge ums Geld aus väterlicher Linie. Viel ist seinerzeit über Steuerschulden und die Gründe spekuliert worden, weswegen es Jürgens wohl in die Schweiz zog. Aber der Liebe seiner Fans zu ihm hat das niemals Abbruch getan.

Vor wenigen Wochen, am 17. November, ist es in der Arena Leipzig wie immer gewesen, wenn Udo Jürgens spielte: Er, inzwischen 80 Jahre alt, hat alles gegeben. Und die Menschen im Saal haben ihn gefeiert. So wird er in Erinnerung bleiben. Merci, für alles. 

Quelle: www.mz-web.de/udo-juergens